Hopfenzüchtung (1/2):

Ziele für Brauer & Pflanzer
- mit BarthHaas

April 10, 2021

Mit fachlicher Unterstützung der Firma BarthHaas werden in diesem Artikel Ziele der Hopfenzüchtung für Brauer & Pflanzer anhand folgender Schwerpunkte geklärt:
Hopfenvielfalt & Züchtungsaufwand für die Brauwelt
✓ Brauer: Anforderungen des Hopfens für brauspez. Ziele
✓ Hopfenpflanzer: Effizienz trifft auf Qualität. Resistenz & andere Züchtungsziele für den Anbau

✓ Nischenprodukte: Wie kann Hopfen noch verwendet werden? Wie beeinflusst dies die Züchtung?
Der genau Ablauf der Züchtung wird in Teil 2 der Hopfenzüchtung durchgegangen.

Die Hopfenzüchtung

Hopfen

Die Hopfenzüchtung: Ein kleiner Überblick

Steigende Zahlen bei den Hopfensorten

Hopsessed® Rosechart von BarthHaas

Eine Liste der IHGC (International Hop Growers Convention), die jedes Jahr veröffentlicht wird, gibt Auskunft darüber, wie viele Hopfensorten und in welchen Ländern sie weltweit angebaut werden. Geht man diese Liste einmal durch, findet man über 300 unterschiedliche Sorten weltweit (Stand 2020). Selbst wer den Dryhopping Hype (Einsatz von Hopfen im Kaltbereich für ausgeprägte Aromen) der letzten Jahre mitverfolgt hat, wird über diese beachtliche Zahl staunen. Eins schon mal vorweg: Bei der Hopfenzüchtung handelt es sich nicht um ein kurzes Procedere. Es ist nach wie vor ein langwieriger Prozess, welcher im Laufe der Jahre viele Antworten auf zahlreiche Anforderungen & Erwartungen an eine mögliche neue Sorte liefern muss, egal ob von den Brauern oder den Hopfenpflanzern selber.

Wozu also der ganze Züchtungsaufwand? Was sind vergangene/aktuelle Ziele der Hopfenzüchtung? Wie nun die Züchtungstechnologie tatsächlich aussieht und welche Sorten in den letzten Quartalen erfolgreich über die Bühne liefen, möchten wir in einem anderen Artikel noch etwas genauer erläutern. Es steckt tatsächlich noch mehr Muse & Aufwand hinter den heute bekannten Züchtungsfortschritten, als man meinen mag. Dabein lohnt sich ein erster Blick auf die Anforderungen, die die Züchtung beeinflussen. 

Ein wertvoller Gastbeitrag: Das ist Dr. Christina Schönberger von BarthHaas
Die Hopfenzüchtung: Ein zwar bekanntes und gleichzeitig komplexes Thema, welches jedoch das Spektrum unseres vielfältigen Rohstoffes über die Jahre hinweg grundlegend erweitert hat. Wir freuen uns deshalb Frau Dr. Christina Schönberger als Gast zu haben, die uns für diesen fachlichen Artikel unterstützt hat. Studiert hat sie Brauwesen und Getränketechnologie an der TUM-Weihenstephan. Seit 2005 leitet sie bei Joh. Barth und Sohn die Abteilung Technische Beratung & Forschung. Zum Thema Hopfen hat sie selbstverständlich bereits zahlreiche Artikel und Buchbeiträge verfasst.

Ziele der Hopfenzüchtung:
Effizienz vs. Qualität

Genau wie die Anzahl der Hopfensorten unterliegen natürlich auch die spezifischen Anforderungen seitens der Brauer und Hopfenbauern einem ständigen Wandel. Viele Qualitätsmerkmale jedoch ziehen sich auch über die Jahre durch und sind eigentlich in jedem Hopfenjahr absolute Voraussetzung für einen marktpassenden Anbau. Diese Grundanforderungen aber auch einige weitere, die Teil der Züchtungsziele sind, schauen wir uns nun etwas genauer an – für Brauer und Hopfenflanzer.
Immerhin sind nur Anbaugebiete mit einer für alle Parteien der Abnehmerkette zielführenden Hopfenzüchtung überhaupt langfristig wettbewerbs- und überlebensfähig.

Die Brauer
Menge an alpha-Säuren (Bittere), Lagerstabilität, Aroma & Qualität
Die Pflanzer
Robustheit (abiotische Faktoren), Resistenz (Krankheiten) & Bitter-Ausbeute
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Wichtige Zuchtziele bei der Kreuzungsplanung

Neue Wünsche und Anforderungen der Brauer sowie alternative Anwendungsbereiche außerhalb der Brauwirtschaft sollten auf Dauer ebenfalls berücksichtig werden. Folgende Hopfeneigenschaften sind z.B. Bestandteil dieser Anforderungen: 

Die Hopfenzüchtung

1) Brauer

1.1 Aroma

Die Interessen des Brauers sind heutzutage eindeutig: Es ist vor allem das Aroma! Hierbei sind vor allem klein- bis mittelständische Brauereien gemeint, die neben der reinen Gewinnerzeugung auch möglichst viel „Hopfen- und Aromacharakter“ im Bier anstreben. Fruchtig oder auch einfach nur andersartig sollte es am besten sein. Mittlerweile kennt das Aromaspektrum aller Hopfensorten fast keine Grenzen mehr, wobei zwischen Citrus und Sahne-Karamell eigentlich alles dabei ist.

Dieser Anforderungstrend ist zum großen Teil natürlich der amerikanischen Craftbeerszene zu verdanken, denn es waren die amerikanischen Craft­Brauer, die gezeigt haben, welche Aromen- und Geschmacksvielfalt durch Hopfen in Bier tatsächlich möglich ist und dies u.a. gezielt in der Kalthopfung (siehe Dryhopping weiter oben) ausgenutzt wird. Zwar in Deutschland noch nicht im industriellen Maßstab angekommen, aber zumindest im Nischenmarkt „Craftbeer“ gilt das Motto: Je ausgefallener, desto besser. Für diese Anforderung bietet BarthHaas einen Hop-Navigator an, um bei 95 verschiedenen Sorten das geeignete Geschmackserlebnis zu finden.

craftbeer
Der Craftbeer-Markt beeinflusst maßgeblich die Anforderungen nach ausgefallenen Aromen

1.2 Bittere

In der Vergangenheit, aber auch noch heute ist natürlich weiterhin die Bittere, also der Gehalt an α-Säure und die Qualität der Bittere von Bedeutung. Mit mittlerweile > 12 % α-­Säure geben diese Hochalphasorten dem Brauer die Möglichkeit, preiswert die Grundbittere des Bieres einzustellen. Die Tendenz zu einer höheren Bittere zeigt sich hierbei eindeutig in den Zahlen:

Hopfenzüchtung
Langfristige Entwicklung der Hopfendosage in g alpha / hl

Seit dem absoluten Tief von 4,1 g α / hl) Bier (2008) bewegen wir uns momentan in einem Bereich von um die 6 g α / hl Bier (2019). Um dem erhöhten Bedarf nach α­-Säure der Brauer gerecht zu werden, helfen eben dabei die Hochalphasorten, um bei gleichzeitig steigendem Ausstoß weltweit die benötigten Hektar der Anbaufläche gering zu halten. Dazu aber gleich mehr.

Umstrittenes Thema: Die Qualität der Bittere: 
Mittlerweile (glücklicherweise) weniger im Fokus des Brauers ist der Cohumulonanteil des Hopfens, welcher jahrzehntelang die Hopfenforschung beeinflusst hat. Äußerst anfechtbar, aber weit verbreitet wird diesem eine unangenehme Bittere nachgesagt. Zwar implizieren einige empirische Studien eine kleine Korrelation zwischen der Qualität der Bittere und dem Cohumulongehalt, jedoch bietet dieser Punkt den Hopfenzüchtern nur einen deutlichen Mehraufwand, als dass dieser ein essentieller Punkt wäre.

1.3 Lagerstabilität & Liefersicherheit

Hingegen ist die Lagerstabilität sehr wohl eine grundlegende Eigenschaft, die es durch züchterische Arbeit aufzubessern gilt. Denn wie wir wissen, können durch Licht, Wärme und Sauerstoff viele wertgebende Inhaltstoffe verloren gehen und die Qualität drastisch senken. Mehr dazu siehe hier.
Liefersicherheit ist vor allem für die größeren Brauereien ein wichtiges Thema. Klimatoleranz und verbesserte Resistenzen werden künftig an Bedeutung gewinnen, da die Qualitätserhaltung oft an oberster Stelle steht. Absolut entscheidend sind diese Punkte aber für den Pflanzer, wie unten ausgeführt wird.

Der Brauer benötigt also:

- α-Säure

- Angenehmes Aroma

- Lagerstabilität & Liefersicherheit

Die Hopfenzüchtung

2) Hopfenpflanzer

Für den Hopfenpflanzer ist in erster Linie der Ertrag entscheidend, sprich der Hopfenanbau muss sich am Ende nun mal lohnen und wirtschaftlich sein. Logisch. Dabei sind einige verschiedene Anbaueigenschaften jedoch besonders wichtig.

2.1 Resistenz gegen Krankheiten

Hopfenzüchtung
Eine ausreichende Grundresistenz gegen verbreitete Krankheiten sichert die erwünschten Erträge

Zum einen sollte neben einer gesunden Grundtoleranz gegen abiotische Faktoren (Witterung) eine gewisse Grundresistenz gegenüber diversen Krankheiten gegeben sein.
Ein Beispiel zeigt, wie prägend dieser Faktor für die Geschichte der Hopfenzüchtung war: Mit verheerenden Schäden in europäischen Hopfenanbaugebieten in den 1920ern durch die Hopfen-Peronospora (Pilzkrankheit) fing die koordinierte Kreuzungszüchtung in Europa erst so richtig an, da dies der einzig nachhaltige Lösungsweg war, dieses Problem in den Griff zu kriegen. Oft waren komplette Ertragsausfälle die Folge dieser Hopfenerkrankung, was den Druck nach einer zielführenden Züchtungsstrategie erhöht.

Auch andere Krankheiten wie die Welkekrankheit (Pilzkrankheit) machte lange Zeit viele Zuchterfolge zunichte. Erst in den 1970ern gelang schließlich der weltweite Durchbruch & Akzeptanz neuer Sorten, da sich leider bis dato viele Brauer schwer mit neuen Hopfensorten taten. Man sieht also: Den Startschuss einer systematischen Hopfenzüchtung gaben die damaligen agrarwissenschaftlichen Forschungen, um die herrschenden Befälle auf dem Feld in den Griff zu bekommen. Nach wie vor bleiben auch andere Krankheiten (Mehltau, Botrytis, …) Bestandteil der Züchtungsarbeit und stets Thema der Industrie.

2.2 Bittere

Nicht nur die Resistenz gegen bestimmte Krankheiten, auch hier ist die Bittere, also der α­-Säure-Gehalt, maßgeblich an der Wirtschaftlichkeit beteiligt. Nicht nur Brauer, sondern eben auch die Hopfenbauern selbst profitieren maßgeblich von den neuen und leistungsstarken Hochalphasorten und deren Ausbeute (siehe oben). Mit einem α-Säure-Gehalt von 16 % und einem Hektarertrag von 3 to/ha liegt der α-Säureertrag bei durchschnittlich 400 kg α-­Säure/ha, was im Vergleich zu den üblichen Landsorten (ca. 50 kg α-­Säure/ha) eine beachtliche Steigerung ist.

Ungefähre Verteilung bezigen auf den Flächenanteil der "Sorten" in den letzten Jahren

Mittlerweile werden auch oft Gehalte von > 20 % angestrebt, was noch höhere Alphasäureerträge ermöglicht. Sprich: Für jedes benötigte Gramm α-­Säure werden weniger Hektar Anbaufläche benötigt. Diese Zuchteigenschaft setzt sich mittlerweile so sehr durch, dass, wie bereits angedeutet, eine gängige Unterscheidung zwischen Hochalpha- und Aromasorten fast schon nicht mehr Stand der Technik ist.

2.3 Resistenz gegen abiotische Faktoren

Auch andere, abiotische Eigenschaften sind stets Bestandteil der Züchtungsarbeit, wobei Robustheit, Klimatoleranz, hohe Stickstoff-Effizienz, Windefähigkeit, leichter & verlustarmer Anbau u.v.m. wohl die wichtigsten wären.
All diese genannten Toleranzen & Resistenzen reichen zwar noch nicht für einen Anbau ohne jeglichen Pflanzenschutz, trägt aber maßgeblich zu einer Minimierung der benötigten Spritzmittel, was also nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch Sinn macht.

Der Hopfenpflanzer strebt also hauptsächlich nach:

- Qualität für seine Abnhemer

- Alphasäure-Ausbeute

- Resistenz (gegen Krankheiten)

- Robustheit

Die Hopfenzüchtung

3) Nischenprodukte

a) Individuelle und überaus spezielle sensorische Merkmale sind hin und wieder gefragt. Gerade bei kleineren Craft-Brauereien sind oft keine typischen Hopfenaromen, sondern betonte Anklänge bestimmter Früchte (Citrus, Melone, Apfel, …) im Sinne des Dryhoppings (Einsatz von Hopfen im Kaltbereich) erwünscht.

b) Für pharmazeutische Zwecke werden Genotypen gesucht, die einen Xanthohumolgehalt von > 1 % aufweisen können.

c) Auch Sorten mit höheren β- statt α-Gehalten für stark antimikrobiellen Eigenschaften wären hierbei zu nennen.   

Exkurs: "Hochalphasorten"

Hopfensorten
Anbaufläche von Hochalpha- und Aromasorten in den USA der letzten Jahre

Die ganze Diskussion um Aroma- und „Hochalphasorten“ sollte man jedoch mit Vorsicht genießen. Hochalphasorten: Das waren klassischerweise Hopofensorten mit einem α-Gehalt ab 12%. Ein Großteil der „Aromasorten“ hat einen überaus hohen a­Säure-Gehalt und kann daher nicht immer differenziert zu sogenannten „Hochalphasorten“ gesehen werden. Der steigende Bedarf an Bitterness widerspricht sich also keineswegs mit der immer größer werdenden Menge an sogenannte „Aromasorten“. Dazu aber in einem Artikel über die Hopfensorten mehr.

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